#12: Der Anhalter Bahnhof wird bombardiert

Silvester 1943. Rechts Anni Schadwald und Herbert Spielvogel, in der Mitte Annis Bruder Karl mit seiner Freundin Heta, links Hetchen mit ihrem Willi. Ist das nicht ein herrliches Foto? (c) privat

1943 wollte Anni Herbert besuchen, der zum Studium nach Leipzig gezogen war. Der Umstieg in Berlin verlief chaotisch, und fast hätte sie ihren Zug verpasst. Der fuhr zehn Minuten vor der Zeit ab – eigentlich sollte er erst um 14 Uhr fahren. Um 14 Uhr wurde der Anhalter Bahnhof bombardiert, so erinnert sich Anni. So kam sie lebend aus Berlin raus.

Von diesem Foto erzählt Anni in dieser Folge: 1943 am Weihnachtsbaum. In der Mitte ihre Mutter Anna Schadwald, links die Schwester Hetchen mit Willi. (c) privat

#11: Liebe in Zeiten des Krieges, zweiter Teil

Anni Schadwald und Herbert Spielvogel bei ihrer Verlobung, 1943. Rechts im Bild die Elbinger Zeitung. Foto (c) privat, herzlichen Dank an Gunter!

Anni besucht Herbert im Lazarett. Er ist ganz kahlgeschoren, weil in seinem Kopf Splitter von Granaten sind. Dadurch wirkt er ganz jungenhaft. Doch als er Anni ein Foto zeigt, wie er mit Haaren aussieht, da fängt sie langsam Feuer …

Und hier noch ein Foto von Herbert im Lazarett, mit den kurz abgeschorenen Haaren. So lernte meine Großtante Anni ihn kennen, er war 21 Jahre jung.

Herbert Spielvogel im Elbinger Lazarett, 1942. (c) privat

#10: Liebe in Zeiten des Krieges, erster Teil

Meine Großtante Anni (Mitte) als junge Braut inmitten der Kinderschar. Ganz rechts mein Vater, 3-Jährig. (c) privat

„Tante Anni, erzählst du uns von früher? Von deinen Freunden? Und wie du Onkel Herbert kennen gelernt hast?“ Als meine Schwestern und ich Anfang der 1990er-Jahre Teenager waren, liebten wir es, Tante Annis Geschichten zuzuhören. Sie erzählte so lebendig von früher. Und am Spannendsten fanden wir es zu hören, wie sie Herbert kennenlernte, damals, mitten im Krieg. Als ich Anni um 2010 herum mit Aufnahmegerät ausgerüstet besuchte, erzählte sie es mir dann noch einmal, wie das alles zu- und herging.

#9: Am Frischen Haff

Ist das am Frischen Haff? Ich bin nicht sicher – doch es könnte sein. Das Foto stammt aus der privaten Sammlung meiner Elbinger Vorfahren. (c) privat.

Reinhold „Holli“ Schirmacher, einer der drei Söhne von Tante Annis Schwester Marie, schrieb viele viele Jahre nach der Elbing-Zeit Erinnerungen auf. Er reiste auch mehrmals in die „Alte Heimat“ und machte gedanklich dann auch eine Reise in die Vergangenheit ….

Sein Bruder Arno liest einige von Reinholds Erinnerungen für uns ein. Aber hört selbst!

#8: Werner verliert seine Mutter

Erna Rückweg als junge Frau. Anfang 1945 fielen die Russen in ihr Zuhause in Elbing/Ostpreußen ein und nahmen sie mit. Mein Vater Werner war drei Jahre alt und war dabei. Er träumte sein Leben lang immer wieder von dieser Szene. Und davon, seine Mutter käme zurück. (c) privat.

Als mein Vater drei Jahre alt war, entrissen ihm die russischen Soldaten seine Mutter. Der Krieg kam in seine letzte, dunkle Phase: Ostpreußen wurde überrollt und eingenommen. Wer konnte, flüchtete gen Westen. Bis zum Einmarsch der Russen war es unter Todesstrafe verboten gewesen, Ostpreußen zu verlassen. Werner, seine Großeltern, Tante Anni und ihre Mutter konnten sich retten. Doch seine Großeltern kamen in Berlin bald ums Leben. Zum Glück fand Lieselotte ihn im Kinderheim und kümmerte sich um ihn. Um ihn zu trösten, sagte sie ihm immer wieder: „Aber du hast Familie! Du hast eine Oma, du hast eine Tante Anni.“

#7: Frieda erinnert sich an Erna

Als Erich schon im Krieg war, 1940, da lernte meine Großmutter Erna Frieda kennen. Erna war etwa 26, Frieda etwa 21 Jahre alt. Sie sangen zusammen in der Singschar, sie gingen spazieren, lasen, sprachen über Bücher, gingen ins Konzert, und sie begannen sogar eine Brieffreundschaft zu dritt mit Erich. Als mein Vater 1941 zur Welt kam, wurde Frieda seine Patentante. Frieda hat den Krieg überlebt und ich konnte sie vor einigen Jahren telefonisch erreichen.

In der Mitte vorne: Mein Vater Werner. Dahinter Frieda, links Tante Anni, rechts meine Großmutter Erna. (c) privat

#6: Grüß meine Lieben, ich komme morgen!

1942 kam Erich auf Heimatbesuch zu seiner Familie. Dann musste er wieder in den Krieg. Er war Musiker und Sanitäter, kämpfen wollte er nicht. Mein Vater war ein Jahr alt – und sah seinen Vater danach nie wieder. (c) privat

1939 heiraten Erich und Erna. Und 1939 bricht der Zweite Weltkrieg aus. Die Familien Rückweg und Schadwald sind unterschiedlich zum Nationalsozialismus eingestellt. Der Krieg trifft sie alle. Sowohl Rückwegs als auch Schadwalds verlieren ihre erwachsenen Kinder an den Krieg. So auch meine Großeltern. Erichs Kompanie wollte den Rückzug antreten, da richtete er seinem Kameraden aus: „Grüß meine Lieben, ich komme morgen!“ Der Gruß kam noch an. Doch Erich blieb seither verschollen.

Erich Schadwald auf kurzem Heimatbesuch bei seinem Sohn Werner, meinem Vater. (c) privat
(Danke an Gunter :)!)

#5: Erich und Erna

Eins der wenigen Fotos meiner Großeltern. Erich und Erna heirateten 1939 in Elbing, Ostpreußen. (c) privat

In dieser Folge erzählt meine Großtante, wie meine Großeltern sich kennenlernten und heirateten.

Bei der Hochzeit sollte es Kartoffelsalat geben. Doch Ernas Vater bekam wohl die Krise, als sein Haus so voll war … und schickte die versammelte Gesellschaft mit hungrigem Magen nach Hause. So erinnert es meine Tante Anni … Viel gefeiert wurde damals sowieso nicht, es war ja Krieg.

Hinter dem Brautpaar in weiß: Lieselotte Rückweg, Ernas Schwester. Dahinter: Die „alten Rückwegs“. (c) privat.

2014 besuchten meine Schwestern, mein Vater und unsere Familien seine „alte Heimat“ Elbing. Er wollte uns auch die Hochzeitskirche seiner Eltern zeigen – dort entstand dieser Schnappschuss mit Werners Enkelkind Luis.

Werner (Sohn von Erich und Erna) und Luis (Urenkel) 2014 vor derselben Kirche in Elbing.

#4: Ein Kleid für 95 Pfennig

Anna Schadwald (vorne) mit ihren sechs erwachsenen Kindern: v.l.n.r.: Heta, genannt Hetchen, daneben Anni, Erich, Karl, Fritz und Marie. (c) privat.

Karl Schadwald, Annis Vater, ist früh gestorben – da war meine Großtante erst knapp 6 Jahre alt. Ihre Mutter Anna musste sich dann alleine um die Kinder kümmern. Die Witwenrente von 18 Mark pro Kind reichte hinten und vorne nicht. Zum Glück konnte Anna Schadwald nähen. So konnte sie die Familie durchbringen – und ihre Kinder waren immer gut gekleidet.

Trotz knapper finanzieller Mittel konnte mein Großvater Erich (links) die Ausbildung zum Trompeter machen. Auf dem Bild mit einer mir unbekannten Kapelle, in den 1930er Jahren. Ach, könnten wir da einmal zurückreisen und zuhören! (c) privat.

#3: Kindheit auf dem Friedhof

Lieselotte Rückweg (re), in der Mitte mein Vater Werner als Baby. Links die „alten Rückwegs“, seine Großeltern mütterlicherseits. Hintere Reihe: Meine Großeltern Erna Schadwald, geb. Rückweg und Erich Schadwald. (c) privat

Lieselotte Rückweg, geb. 1919, war die Schwester von Erna Rückweg. Ihr Vater war Totengräber, wie es damals noch hieß. Anni liebte Lieselotte sehr, eine fröhliche junge Frau mit zwei langen Zöpfen. Und Lieselotte liebte ihren Vater, und half ihm gern auf dem Friedhof mit dem Wasserpumpen und beim Läuten der Glocken in der St.-Pauluskirche in Elbing, Pangritz-Kolonie.

Ausserdem erzählt Tante Anni in dieser Folge mehr von ihrem Bruder Erich.

Von diesem Foto erzählt Tante Anni in dieser Folge: Auguste, stehend rechts, mit anderen jungen Frauen am Strand in Kahlberg in der Nähe von Elbing, Ostpreußen. (c) privat